Luftwaffe
Die Fliegertechnische Schule / Höhere Fliegertechnische Schule
Fliegertechnische Schule Jüterbog
Am 14. August 1933 erließ der neu ernannte Reichsminister der Luftfahrt, Hermann GÖRING, eine Verfügung über die Aufstellung von Spezialschulen für die aufzubauende Luftwaffe. Zu diesem Programm gehörte auch eine Technische Schule, wo Techniker und Ingenieure darauf vorbereitet werden sollten, Militärflugzeuge mit ihren verschiedenen Baugruppen zu pflegen, zu warten und Reparaturen vorzunehmen.
Erster Standort dieser Technischen Schule war gemäß o.g. Verfügung ab 1. Oktober 1933 behelfsmäßig das Lager Döberitz und zum Zeitpunkt der planmäßigen Fertigstellung des neu zu errichtenden Schulkomplexes in Altes Lager (1. September 1934) die Garnison Jüterbog. Westlich von der Heeresgarnison Altes Lager wurde in Niedergörsdorf, dort wo sich zur Kaiserzeit der Luftschiffhafen befand, eine umfangreiche Luftwaffengarnison gebaut, wozu neben der Fliegertechnischen Schule ein Luftzeugamt und der eigentliche Flugplatz gehörten. Das Areal hieß bei der Luftwaffe das Waldlager.
Herbert CONRAD gehörte von Anfang an den vier Stammkompanien der Technischen Schule an. In seinem Erinnerungsbericht zitiert er Hermann GÖRING, der anläßlich der Einweihung erklärte: „Ich habe Euch ein zweites Zuhause geschaffen.“ Und CONRAD fügte 1999 hinzu: „Der Dienst in Jüterbog gehört zur schönsten Zeit meines Lebens.“
Um die zu diesem Zeitpunkt noch vorgeschriebene Verschleierung der Luftrüstung zu gewährleisten, firmierte die Einrichtung zunächst als „Technische Schule der Deutschen Verkehrsfliegerschule GmbH“. Schon im Anfangsjahr hatte die Schule eine Kapazität von jährlich 1500 Schülern. Sie hieß mit Gründung der Luftwaffe Fliegertechnische Schule der Luftflotte 1.
Zum Zeitpunkt der offiziellen Gründung der Luftwaffe am 1. März 1935 gab schon fünf solcher Fliegertechnischen Schulen im Reichsgebiet, die alle einzelnen Luftflotten zugeordnet waren. Bis zum Kriegsende hatten die Luftwaffe folgende Struktur bei der Ausbildung der Techniker entwickelt:
Fliegertechnische Schule 1: Jüterbog (Altes Lager / Waldlager), ab 1939/40 nach Warschau, ab 1943 in Gießen und 1945 in Deutsch-Brod. Die britische Luftaufklärung erklärt in einer Legende zu einem am 14. April 1944 über dem Waldlager aufgenommenen Luftbild richtig, die Technische Schule wäre bis 1940 hier gewesen. Außerdem kam man zu der Erkenntnis, daß die Ausbildung in der Wartung von Flugzeugen 1942, mit Sicherheit 1943 von hier weg verlegt worden ist. Die Verfasser lassen offen, ob sie damit den Luftpark oder eine Technische Schule meinen. Von der Anwesenheit der Höheren Fliegertechnischen Schule (siehe unten) wissen dagegen die vorliegenden Quellen der alliierten Luftaufklärung nichts zu berichten.
Fliegertechnische Schule 2: Als Schule der Luftflotte 2 vermutlich in München gegründet, 1943 in Fassberg bei Hannover.
Fliegertechnische Schule 3: Gegründet als Schule der Luftflotte 3, 1943 in München-Milbertshofen stationiert.
Fliegertechnische Schule 4: Zunächst in Uetersen zu Hause als Schule der Luftfoltte 4, dann nach Krosno bei Krakau, am 20.12.43 nach Quakenbrück verlegt, aufegelöst am 3.9.44.
Fliegertechnische Schule 5: Gegründet 1941 als Schule der Luftflotte 5 in Wischau/Mähren, 1943 umbenannt in Fliegertechnische Schule 5. Aufgelöst am 12.2.1945.
Fliegertechnische Schule 6: In Bayreuth 1944 gegründet und aufgelöst am 6.4.1945.
Fliegertechnische Schule 7: Sie befand sich 1943 in Detmold und wurde am 10.9.44 wieder aufgelöst.
Fliegertechnische Schule (W) 8: Die waffentechnische Spezialschule wurde gegründet am 10.9.1944 in Merseburg als Ausgliederung der Fliegerwaffentechnischen Schule 2.
Fliegertechnische Schule (W) 9: Gegründet am 10.9.1944 in Dresden-Nickern als Ausgliederung der Fliegerwaffentechnischen Schule 4 und aufgelöst am 6.4.1945.
Erster nachweisbarer Kommandeur der Jüterboger Technischen Schule war am 1. Dezember 1933 Major STUDENT, der bereits am 1. April des Folgejahres zum Chef aller technischen Schulen des deutschen Luftfahrtwesen aufstieg.
Am Himmelfahrtstag 1935 reiste ein rund 1500 Mann starkes Kommando von Dresden nach Jüterbog/Waldlager, um in einem dreivierteljährigen Kursus in die Flugzeugtechnik eingewiesen zu werden. Für einzelne Spezialisten dauerte die Schulung noch länger.
Ehrenfried TSCHOELSCH, der vom 1. Oktober 1933 bis zum 31. März 1934 Chef der 2. Kompanie der Fliegertechnischen Schule gewesen war, trat am 1. April 1934 als Nachfolger des aufgestiegenen STUDENT die Kommandeurstelle an. TSCHOELSCH, der sich später einen Namen machte als Verfasser von Dienstvorschriften für die Luftwaffe, kam wie die Masse der ersten Hörer der Schule vom Infanterie Regiment 10 Dresden.
Ehrenfried Tschoelsch, hier 1937 als Oberstleutnant in Altes Lager aufgenommen. Wie an seinen Auszeichnungen zu erkennen, war er schon als Flieger Teilnehmer am Ersten Weltkrieg.
(Fotoquelle mit frdl. Genehmigung aus dem Archiv H. Stüben, Ratzeburg.)
8. November 1935, Flaggenparade der Fliegertechnischen Schule. Zu dieser Zeit lebte die Masse der Truppen noch in Behelfsbaracken, da der Bau der Schule noch nicht abgeschlossen war. (Foto: Schönfelder) |
Hier ein interessantes Foto aus dem Jahr 1938, das einen Blick in die praktische Ausbildung der FTS erlaubt. |
Es sieht aus wie das übliche Stuben- und Revierreinigen und ist doch ein historisches Foto. Es zeigt wie Männer der 1. Kompanie der Fliegertechnischen Schule I in Jüterbog-Altes Lager ihre Sachen säubern für den Umzug, denn 1940 verlegte die komplette Schule in das Generalgouvernement. |
Die Höhere Fliegertechnische Schule
Nachdem 1939/40 die Fliegertechnischen Schule 1 nach Warschau verlegt wurde, zog in dem eindrucksvollen Gebäudekomplex die zuvor in Berlin-Adlershof gegründete Höhere Fliegertechnische Schule (HFTS) ein.
Unter Führung von General HILGERS war die Höhere Fliegertechnische Schule in Berlin geschaffen worden. Neben Oberstudienrat BUREIK, Studienrat WESSELY und Ingenieur STROH gehörte der Diplom-Ingenieur Emil KRÜGLER zu dem kleinen Aufbaustab. KRÜGLER nennt die grundlegende Aufgabenstellung der Höheren Fliegertechnischen Schule darin, Oberfeldwebel und andere Militärpersonen der Luftwaffe auf die Zeit nach dem aktiven Dienst vorzubereiten. Mit einem Meister- oder Ingenieurabschluß sollte bewährten Zeitsoldaten der Einstieg ins Zivilleben erleichtert werden; etwa vergleichbar mit dem Anliegen der Heeresfachschulen in Jüterbog 2. In einer zweijährigen Ausbildung sind Werkmeister für die Luftwaffe herangebildet worden. Die Ingenieurausbildung währte drei Jahre. Die ersten in Altes Lager qualifizierten Ingenieure erhielten 1942 ihre Zeugnisse.
Die Organisation der Höheren Fliegertechnischen Schule (HFTS) war in zwei Hauptgruppen gegliedert, die Militärische Gruppe und die Technische Gruppe. Zur Militärischen Gruppe, die unter dem Kommando des Kommandeurs der Schule im Generalsrang stand, gehörten das Verwaltungs- und Versorgungspersonal und technisches Personal, soweit es keinen Offiziersrang hatte. Das Lehrpersonal bildete die Technische Gruppe. Dazu gehörten Beamte im Offiziersrang, Fl. Ingenieure, die dem Technischen Schulleiter untergeordnet waren, der wiederum dem Kommandeur unterstand.
Der Technischen Gruppe wurden Soldaten und Unteroffiziere, in der Regel Ingenieure und Diplom-Ingenieure, die eine Schulung als Ausbildungsingenieure erhalten hatten, für den Unterricht an der Schule oder auch für Industrielehrgänge bei den Herstellerwerken der Flugzeuge zugeteilt. Diese Ausbildungsingenieure bildeten die technische Kompanie, die in einem der Blocks am Exerzierplatz untergebracht war. In den übrigen drei Blocks wohnten die Schülerkompanien. Der theoretische Unterricht fand in Klassenräumen statt, der praktische in Werkstätten und den Flugzeughallen.
Wahrscheinlich erster Kommandeur der Höheren Fliegertechnischen Schule in Jüterbog war Oberst Friedrich NIEHUS, der schon von 1935 bis 1940 an der Fliegertechnischen Schule Jüterbog als Lehrer und auch Kommandeur tätig gewesen war und später zum Generalmajor befördert wurde.
Generalmajor Niehus - Kommandeur der Höheren Fliegertechnischen Schule.
(Foto: Juhl)
Die fachliche Leitung hatte zunächst Oberstabs-Ingenieur TOMASCHEFSKY. Sein Nachfolger wurde der Oberstabs-Ingenieur Dr. MÖRTH, der bis zum Kriegsende im Amt blieb. Dr. MÖRTH war wie viele andere der Fachleute an der HFTS aus Österreich und zwar weil die meisten deutschen Ingenieure und Techniker durch die forcierte Luftrüstung schon irgendwo gebunden waren und ab 1938 durch den Anschluß Österreichs von dort weitere Fachkader hinzukamen. So waren die Fliegeringenieure, die in verschiedenen Rängen an der HFTS Dienst taten, Dipl.-Ing. Emil KRÜGLER, Dipl.-Ing. Theo PATZELT, Dipl.-Ing. Paul WIEDEN, Dipl.-Ing. Karl WITTMANN, Dipl.-Ing. WISTERMEIER, Dipl.-Ing. PREISLER, Dipl.-Ing. BRENSTEINER, Dipl.-Ing. Otto MADER, Ingenieur BESTLA und Architekt KNIRLING allesamt aus Wien.
Emil Krügler ist einer der zahlreichen Österreicher, damals Ostmärker, die als Lehrer an der HFTS tätig waren.
Während des Krieges übernahm die HFTS immer speziellere Aufgaben. Sie befaßte sich mit der Schulung von technischem Personal der einzelnen Fronteinheiten zu Neuentwicklungen der Rüstungsindustrie. Sie schulte kriegsversehrte Luftwaffenangehörige zu Mechanikern und Ingenieuren um, daß sie in der Flugzeugindustrie und ähnlichen Bereichen weitere Verwendung finden konnten. Auch Grundlagenforschung zu verschiedenen Fragen der Fliegerei und angrenzenden Gebieten ist im Waldlager durch die HFTS betrieben worden. Für die letztgenannte Aufgabe war der so genannte Kreuzbau ein wichtiger Platz. Dort befanden sich alle damals üblichen Werkzeuge und Instrumente zur Werkstoffprüfung und für technische Experimente. Fotos belegen einen kleinen Windkanal ebenso wie Röntgengerät und Schränke mit Chemikalien. Was auf dem nahe gelegenen Schießstand speziell erprobt worden ist, konnte bislang nicht aufgeklärt werden. Der Fliegerhorst hatte eine Reihe eigener Schießanlagen, wo die Bordwaffen der Flugzeuge eingeschossen und justiert werden konnten. Diese Anlagen befanden sich unweit der Flugzeughallen, nordwestlich vom Rollfeld. Die Schießbahn der Fliegertechnischen Schule ist in gleicher Himmelsrichtung angelegt, jedoch viel länger als die übrigen. Sie ist auch nicht so konstruiert gewesen, daß ein komplettes Flugzeug hätte dort hin rollen können. Offensichtlich ist hier mit demontierten Bordwaffen oder aus Flugzeugbaugruppen geschossen worden. In Halle war für die HFTS ein fliegerwaffentechnischer Lehrgang als ständige Einrichtung im Krieg gebildet worden.
Folgende Forschungsprogramme sind unter anderem in der HFTS bearbeitet worden:
- Ab Mitte 1944 wurden automatische Blindlandeverfahren (incl. Bordgeräte und Boden organisation) in Altes Lager erprobt.
- Gleichermaßen befaßte man sich in der HFTS mit der Jägerkurssteuerung. Über Funk bekam das einmotorige Jagdflugzeug den Kurs und Kurskorrekturen mitgeteilt. So konnten bei Nacht und schlechter Sicht die Maschinen ins Ziel gebracht werden.
Eine konkrete Aufgabe war beispielsweise die Umfunktionierung des Flugzeugmodells Ju 88 vom Aufklärungsflugzeug, wozu es ursprünglich konzipiert war, zum zweimotorigen Sturzbomber. Offensichtlich eine Schlußfolgerung aus den Erfolgen der einmotorigen Ju 87 als Sturzkampfbomber „Stuka“ im Polenfeldzug. Heinz JUHL hatte dann die Aufgabe, das Geschwaderpersonal der Kampfverbände mit der neuen Technik vertraut zu machen.
Heinz JUHL, Ingenieur der Höheren Technischen Staatslehranstalt (HTL) Stettin und damaliger Student der TH Berlin, war wegen seiner Zugehörigkeit zu einem Sturm der Flieger-SA 1939 als Kriegsfreiwilliger zum Fliegerausbildungsregiment Schweidnitz eingezogen worden. Wegen Kurzsichtigkeit bestand er die Flieger-Tauglichkeitsuntersuchung nicht und wurde zum Fliegertechnischen Dienst versetzt. Sein Marschbefehl lautete auf Jüterbog, dem Standort der Höheren Fliegertechnischen Schule. Seine neue Dienststelle beschreibt er wie folgt: „Es gab nur eine Höhere Fliegertechnische Schule der Luftwaffe, an der das gehobene technische Personal, im Offiziersrang, ausgebildet wurde. Diese Ausbildung umfasste alles, was mit Zelle, Triebwerk und Kurssteuerung zu tun hatte. Nicht dazu gehörte die Funk- und Waffenausbildung… Die allgemeinen soldatischen Verhältnisse an der Höheren Fliegertechnischen Schule bezüglich Unterkunft, Verpflegung und Behandlung“, erinnert sich der heute in den USA lebende Dr. JUHL, „waren sehr gut. Die Schulanlage war völlig neu und großzügig angelegt worden… Meine Schüler waren entweder technische Offiziere oder Werkmeister im Feldwebelrang. Mein Dienstrang war inzwischen um eine Stufe erhöht worden; ich war Gefreiter mit einem Winkel am Ärmel. Da ich aber als Lehrer während des Unterrichts der Vorgesetzte der Klasse war, ergaben sich dadurch ungewöhnliche Situationen.“
Die Angehörigen des Ausbildungsbereiches "Fallschirm und Sicherheit" der Höheren Fliegertechnischen Schule aufgenommen etwa 1942/43.
(Foto Krügler)
Ende 1941 entstand an der HFTS eine Dienststelle mit dem Namen „Industrielehrgänge“. Die militärische Leitung hatte Hauptmann, später Major, BECKER inne. Die technische Leitung oblag Stabingenieur STEUDE. Der Zweck dieser Lehrgänge war, das technische Personal der fliegenden Verbände so schnell und so gut wie möglich mit den letzten Entwicklungen und Änderungen vertraut zu machen. Dazu wurden bei den Herstellungswerken Unterkunftslager und Ausbildungsräume eingerichtet und die technische Einweisung fand direkt in den Fabriken statt, was den Einweisungsprozess zeitlich verkürzte. Die von der HFTS Jüterbog abgestellten Ausbildungsingenieure erhielten im jeweiligen Werk selbst eine kurze Einweisung und vermittelten dieses Wissen dann an das zu den Werken abkommandierte Technische Personal der im Einsatz befindlichen Fliegerverbände. Neben den Lehrern, die für die Schulungen verantwortlich waren, wurden die Lager von einem Feldwebel und einigen Unteroffizieren militärisch geführt. Doch im Gegensatz zur HFTS in Jüterbog war in diesem dezentralen Schulungslagern das Leben in der Regel ohne größeren Drill und Zwang; Ausgang und Wochenendurlaub waren allgemein üblich.
In Jüterbog absolvierte Herbert TIEDEMANN einen WL-Lehrgang, d.h. die Ausbildung zum Werkstattleiter. Sein Kompanieführer war damals Major BECKER, Lehrgangsleiter Hauptingenieur BERGMANN und Lehrer die Flieger-Stabsingenieure SONDERMANN, WITTE und KASTIES. Ein Erinnerungsgedicht von der Abschlußfeier blieb erhalten:
„In Jüterbog kaum angekommen,
hat man uns gleich drangenommen,
Die Großen wurden Fliegering,
sie nun Nuancen besser sind.
Die anderen sind dafür zu klein,
die Schule will beschäftigt sein.
Damit vor Bomben Schutz wir haben,
zuerst wir Einmannlöcher graben,
die Stimmung war zumeist sehr flau,
wenn wir beim Flugzeugbunkerbau.
Zum Unterricht wir sehr weit liefen,
darum so manche dabei schliefen...“
TIEDEMANN schloß seine Ausbildung in Jüterbog mit dem Titel eines Flieger Ingenieurs des Beurlaubtenstandes ab. Er ist dann nach Zempin auf Usedom kommandiert worden, wo er eine Ausbildung als Batterie-Ingenieur für die V 1 erhielt.
Im weiteren Verlauf des Krieges kamen immer mehr Frauen in den Militärdienst, so auch in der HFTS. Untergebracht waren die Mädchen und Frauen in einem separaten Barackenlager. Etwa 80 waren es, die außerhalb ihres Dienstes relativ frei in Altes Lager leben konnten. Da immer mehr der Männer an die Front mussten, sind in Altes Lager Mädchen und Frauen sogar zum Flugzeugmotorenschlosser ausgebildet worden. Der Feldwebel Günter KRÜGER berichtet, daß er junge Frauen, die zuvor in den Werften die Grundlagen der Flugzeugtechnik erlernt hatten, in der Halle des Fliegerhorstes Waldlager in die Wartung der Hydraulik- und Bremstechnik der Düsenmaschine Me 262 einzuweisen hatte.
In der HFTS sind zugleich Offiziere und Offiziersschüler der Verbündeten zu Fliegeringenieuren ausgebildet worden. Darunter waren Finnen, Kroaten, Bulgaren und Rumänen.
Ab Mitte 1944 zeigte sich auch im Waldlager der Luftwaffe, daß die Wehrmacht auf die letzten Reserven zurückgreifen musste. Heinz JUHL erlebte mit, wie ein Großteil der Angehörigen der Höheren Fliegertechnischen Schule nach der Invasion der Westalliierten in der Normandie an die neue Front in Frankreich geschickt worden ist. „Auf dem Hof standen angetreten 200 oder 300 Mann vom Schulpersonal in feldmarschmäßiger Ausrüstung, die vom Kommandeur der Schule, General NIEHUS, mit wohltönenden Worten über Vaterlandsliebe und Tapferkeit für ihre ‘Resteverwertung’ an den Fronten vorbereitet wurden. Das war ein erschütterndes Bild für mich und die Nachricht vom Ausgang dieses Abenteuers noch viel erschütternder, denn über die Hälfte meiner ehemaligen Lehrerkollegen mussten dabei den Heldentod erleiden. Aus Erzählungen von Überlebenden... erfuhr ich, daß man sie zur Ablösung von SS-Verbänden eingesetzt hatte, um angreifende US-Panzerverbände aufzuhalten. Man hatte ihnen zwar zur Bekämpfung Panzer-Fäuste und Panzer-Schreck, so hießen die Waffen, noch in Originalverpackung zugeteilt, ihnen aber keine Ausbildung zuteil werden lassen. Unter den Opfern dieser ‘Resteverwertung’ befand sich auch der Sohn des damaligen Oberbürgermeisters von Berlin der zu dieser Zeit als Gefreiter und Lehrer an der HFTS stationiert war.“
Noch im Frühjahr 1945 wurden etwa zehn Fliegeringenieure der HFTS von Altes Lager nach Stassfurt abkommandiert. Zu ihnen gehörten die Fl. Ingenieure Albert MEIER, Horst v. JAENICHEN, Heinzt JUHL und Dr.-Ing. FRANKE. Ihr Auftrag war, bei der Inbetriebnahme der BMW-Werke in einem Salzbergwerk mitzuwirken. Hier sollte das Düsentriebwerk BMW 018 für den sogenannten Neu-York-Bomber, einem vierstrahligen Messerschmitt-Flugzeug (Me 264), hergestellt werden.
Während immer häufiger amerikanische Jagdflugzeuge und Jabos den Flugplatz Altes Lager attackierten, begann man in der HFTS wie im gesamten Waldlager der Luftwaffe damit, sich auf eine infanteristische Verteidigung einzurichten. Die Leitung der Schule verlegte ihren Sitz nach München. Die Kriegsversehrten wurden nach Hause geschickt und die jungen, noch wehrfähigen Männer mussten zu Fronteinsätzen. In der Regel sind sie der 9. Fallschirmjägerdivision zugeteilt worden. Einige wenige konnten bis zuletzt an der Schule bleiben. Bei der Außenstelle Malterhausen des Fliegerhorstes Waldlager hatte Feldwebel Günter KRÜGER mit bislang darin ungeübten Luftwaffenangehörigen eine Infanterieausbildung, vor allem in der Panzernahbekämpfung vorzunehmen. Anschließend sollte er durch den Bau von Panzersperren die Umgebung des Waldlagers gegen einen weit überlegenen Feind absichern helfen. Als die Nachricht eintraf, die Russen stehen bei Finsterwalde, wurden befehlsgemäß die Maschinen im Kreuzbau durch das Verstecken lebenswichtiger Bauteile unbrauchbar gemacht. Am 19. April wurde das Stichwort „Wetterleuchten“ ausgegeben, daß heißt, alle verbliebenen Luftwaffenangehörigen hatten die Verteidigungsstellungen rund um das Waldlager zu besetzen und sich auf den Endkampf vorzubereiten. Wie sich später zeigen sollte, war das Waldlager der Luftwaffe den auf Berlin vorstoßenden Rotarmisten so unwichtig, daß sie es zunächst im doppelten Sinne des Wortes links liegen ließen. Erst Tage später ist das Gelände weitgehend kampflos besetzt worden.
Die umfassende Geschichte der Schule findet sich in: Schulze, H.: Geschichte der Garnison Jüterbog. 1864-1994. Osnabrück 2000, S. 403 ff.